"Frauen lernen am Berg Selbständigkeit"

Südtirols erste Bergführerin Michaela Egarter im Interview

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“Frauen lernen am Berg Selbstständigkeit”

Michaela Egarter ist Bergführerin und bringt täglich fremde Menschen sicher zu Gipfelkreuzen. Im Interview spricht die Südtirolerin über Verantwortung und Herausforderungen am Berg (nicht nur sportlicher Natur!) und erklärt, was gerade Frauen im Bergsport lernen können

Michaela Egarter. Credit: IDMSüdtirol_FinnBeales

Liebe Michi, Du hast als erste Frau in Südtirol 2015 die Prüfung fürs internationale Bergführer-Abzeichen erfolgreich abgelegt. Wie kann das sein, dass Du die erste Frau warst, die diese Ausbildung machen wollte?

Eine Frau muss eben immer die erste sein! In Südtirol geht es teilweise noch sehr traditionell zu. Bergsport ist eine Männerdomäne, und in den Augen vieler Männer gehören Frauen nicht in die Berge, sondern in die Küche. Ich drücke mich überspitzt aus, das Geschlechterbild ändert sich langsam, die Emanzipation hält auch in Südtirol Einzug. Aber man muss sich als Frau schon sehr beweisen, um im Bergsport akzeptiert zu werden.

Du bist gelernte Krankenschwester. Wieso hast Du Dich dazu entschieden, den Beruf zu wechseln und als Bergführerin zu arbeiten?

Es war nie mein Plan, es hat sich für mich persönlich eher zufällig ergeben. Ein Freund wollte die Bergführer-Ausbildung, die sehr zeitintensiv ist, nicht allein machen, also hat er mich gefragt, ob ich mich nicht auch anmelden will. Ich habe lange gezögert, zumal ich beim Klettern viele Jahre nicht schwindelfrei war; am letzten Tag vor dem Anmeldeschluss habe ich meine Unterlagen aber doch eingereicht. Der Witz ist, dass mein Kumpel in der Eiskletter-Prüfung durchgefallen ist, vor der ich großen Respekt hatte, und ich am Ende das Bergführer-Abzeichen allein bestanden habe.

Inzwischen finde ich, dass ich den schönsten Arbeitsplatz der Welt habe. Ich könnte mir nicht vorstellen, mich noch mal in vier Wänden zur Arbeit einsperren zu lassen…

Wie muss man sich so eine Bergführer-Ausbildung vorstellen?

Zunächst einmal muss man verschiedene Nachweise über Kletter-und Skitouren erbringen, die man bereits absolviert hat. Dann gibt es ein mehrtägiges Aufnahmeverfahren, und wer das besteht, wird zur Ausbildung zugelassen. In den einzelnen Ausbildungsblöcken wird man dann im Sport-und Eisklettern, im Skitouren- und Hochtouren-Gehen unterrichtet und lernt theoretisches Wissen über die Begebenheiten am Berg. Insgesamt sind es über 100 Ausbildungstage in drei Jahren. Die größte Herausforderung besteht darin, neben dem normalen Beruf die Zeit dafür zu finden bzw. das restliche Leben um die Ausbildung herum zu organisieren. Auch das ist vielleicht ein Grund, warum es so wenige weibliche Bergführerinnen gibt – für Frauen mit Kindern ist es einfach schwierig, sich so viel Zeit zu organisieren, vor allem, wenn der Partner nicht mitzieht.

Welchen Aspekt der Ausbildung und des Bergführerinnen-Daseins empfindest Du am herausforderndsten?

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