- Sunday Delight
- Posts
- "Female Empowerment Events? Ohne mich!": Interview mit Digitalunternehmerin Dörte Kaschdailis
"Female Empowerment Events? Ohne mich!": Interview mit Digitalunternehmerin Dörte Kaschdailis
"Female Empowerment Events? Ohne mich!": Interview mit Digitalunternehmerin Dörte Kaschdailis + In welcher deutschen Stadt leben die meisten Infuencer? + der neue Film mit Ryan Gosling
Herzlich willkommen bei Sunday Delight! Ich bin Julia Hackober, Journalistin in Berlin, und in diesem Newsletter lassen wir die Woche gemeinsam ausklingen. Heute mit diesen Themen:
"Female Empowerment Events? Ohne mich!" Digitalunternehmerin Dörte Kaschdailis im Interview über nett gemeinte, aber schlecht gemachte Business-plus-Lippenstift-Events
Smalltalk-Repertoire: In welcher deutschen Stadt leben die meisten Influencer? (Es ist NICHT Berlin!)
Binge-Alarm: Die lustigste Kinokomödie des Sommers und Review zur Amazon-Schmonzette “The Idea of You”
Viel Spaß beim Lesen!
Brief von Julia
“Female Empowerment wird zur Monetarisierungsmaschine und es gefällt mir nicht!”
Ein Post von Dörte Kaschdailis ließ mich kürzlich zwischen all dem üblichen Linkedin-Blabla aufhorchen. Sie erklärte darin Female-Empowerments-Events eine Absage – also solchen, bei denen zum beschwingten Karrieretalk fürs “Du kannst es schaffen!”-Feeling noch einen Lippenstift gereicht wird…
Dörte ist Digitalunternehmerin aus München und beschäftigt sich beruflich mit E-Commerce (mehr zu ihrer Arbeit weiter unten). Sie ist also eine Frau, die typischerweise sehr gern zu “Ich erzähl euch von meinem Erfolg”-Talks eingeladen wird.
Ich habe Dörte um gefragt, ob sie in SUNDAY DELIGHT noch mal genauer erklären kann, warum sie auf derlei Events keinen Bock mehr hat. Wir kennen uns übrigens von einem Wanderwochenende in Südtirol; ich schätze an ihr, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Und gerade, weil Dörte in einer ganz anderen “Bubble” unterwegs ist als ich und auch einer anderen Generation angehört, interessiert mich ihre Perspektive.
Danke für das Interview, liebe Dörte!

Foto: Sung-Hee Seewald
Du hast kürzlich auf LinkedIn in einem viel diskutierten Post verkündet, keine Speakerinnen-Anfragen mehr für “Female Empowerment Kongresse” anzunehmen und solche Veranstaltungen auch nicht mehr als Gast zu besuchen. Warum?
Das war ein Prozess bei mir. Ich war in der Vergangenheit schon auch auf solchen Veranstaltungen. Um ehrlich zu sein: Ich habe da wenig für mich mitgenommen. Die Themen waren zu breit gestreut und orientierten sich nicht an konkreten gesellschaftlichen Fragestellungen in Bezug auf Gleichstellung oder gar politische Diskussion. Es ging meistens um oberflächliches Blablabla und “Tschakka, das kannst du auch”.
Da standen dann Gründerinnen und Unternehmerinnen auf der Bühne und berichten über ihren Werdegang, was ok ist, aber auch viel zu hoch aufgehangen. Es sind am Ende einfach normale Stories aus der Geschäftswelt, die zu etwas Besonderem gemacht werden, weil es um Frauen geht. Das irritiert mich zunehmend und dafür gebe ich kein Geld aus. Umgekehrt möchte ich so auch selbst nicht auf der Bühne stehen. Nur weil ich eine Frau bin, ist mein Unternehmen nicht automatisch interessant.
Du nennst "Female Empowerment" ein Geschäftsmodell, was für Dich als Geschäftsfrau in Ordnung geht, Dich persönlich aber befremdet. Was stört Dich konkret?
In meiner Wahrnehmung wird das Narrativ der “unterstützenswerten Frau” hier ungeniert kapitalisiert. Da ist für mich dann irgendwann eine moralische Grenze erreicht. Auch werden über solche Veranstaltungen einige wenige Frauen ikonisiert und es wird suggeriert, dass man durch den Besuch der Veranstaltung “dazu gehört”. Das widerstrebt meinem Innersten enorm. Ich bin liberal genug auszuhalten, dass bei “Female Empowerment”-Festivals Angebot auf Nachfrage trifft und es mit diesen Events deshalb sicherlich weitergehen wird –aber eben ohne mich.
Ich bin oft hin-und hergerissen, was diesen "Lippenstift-Feminismus" angeht. Das Empowerment-Gelaber nervt mich oft, weil die Zusammenhänge so konstruiert sind (braucht man wirklich einen Lippenstift, um sich in einem Meeting “bold” zu fühlen? Ich weiß ja nicht…)
Gleichzeitig kann ich mich durchaus für Mode und Schminkkram begeistern und finde es nicht störend, wenn’s auf Netzwerkveranstaltungen eine Goodiebag gibt. Findest Du nicht, dass man wieder neue Fronten zwischen Frauen aufmacht, wenn man klassisch weiblich assoziierte Faibles als überflüssig abtut?
Das ist auf solchen Veranstaltungen ja nur Mittel zur Unterhaltung und fürs Wohlfüh-Ambiente. Wenn ein Kosmetikkonzern so eine Veranstaltung sponsert, will er natürlich auch stattfinden. Besseres Targeting ist wohl nicht möglich. Ich frage mich aber ernsthaft, warum die Veranstalter so einfallslos sind und das Offensichtliche hier rausholen. Der geistige Anspruch an die Frauen scheint doch gering zu sein, oder? Kleiner Schminkstand und schon “sind die Mädels happy”.
Das ist mir ehrlicherweise viel zu reduziert und langweilig. Intellektuelle Ansprache oder Außergewöhnliches finde ich attraktiver. Stell Dir vor, es würde “Male Empowerment” Veranstaltungen mit Bier und Bratwurstständen geben. Lustige Vorstellung, bedient aber sofort das Stereotyp, dass es wohl um eine sehr flache Veranstaltung geht.
So sehe ich das auch mit Mode und Kosmetik oder Nagelstudio. Das kann meines Erachtens privat alles stattfinden. Auf beruflichen Veranstaltungen würde ich mir mehr Intellekt wünschen, zum Beispiel Bücherstände mit relevanter Literatur oder Infostände zur Gesundheitslücke oder oder oder….
Wir beide waren ja auch schon mal auf einem Female-Only-Wochenende zusammen in den Bergen unterwegs waren, damals mit der Outdoor-Marke LaMunt. Ich erinnere mich, dass wir Frauen alle beschwingt durch die Gespräche und den Austausch nach Hause zurückgekehrt sind. Was macht für Dich ein sinnvolles Netzwerk- oder Austausch-Event für Frauen aus – und wann überwiegt der performative Charakter?
Der Unterschied ist für mich, dass bei dem von dir angesprochenen Event keine Frau horrende Ticketpreise zahlen musste, um das Gefühl zu bekommen, dass sie dazu gehört und nun endlich netzwerkt, weil das ja ach so wichtig ist – aber letztlich einem inhaltlich schwachen Programm beiwohnt. Das Wochenende in den Bergen war von Intimität und Freundschaft geprägt und nicht kommerziell im eigentlichen Sinne. Außerdem standen gemeinsame Aktivitäten im Mittelpunkt, zusammen schwitzen und schwatzen, das bringt mehr Nähe und wirklichen Austausch.
Welche Themen oder Hebel findest Du aktuell wichtig, die die Gleichstellung der Geschlechter und auch die Aufhebung gewisser klischeehafter Rollenbilder schneller vorantreiben könnten als der x-te “Rolemodel-Award”?
Jede Frau mit Entscheidungsmacht muss ihren Beitrag leisten. Ich versuche zum Beispiel Panels oder Podcasts paritätisch zu besetzen. Ich versuche junge Frauen zu fördern und fordern, wo ich kann. Gleichzeitig müssen wir den Mut aufbringen, ein Ungleichgewicht ob unserer Stellung auch anzusprechen und zu thematisieren, auch das mache ich. Die meiste Arbeit muss im Alltag stattfinden – steter Tropfen höhlt den Stein.
Neulich war ich auf einer Veranstaltung. Es wurden ca. 20 Männer und drei Frauen geladen. Der Abend war sehr lustig. Doch im Anschluss sagte ich dem Veranstalter, dass ich ihm fürs nächste Mal zehn Frauen aus meinem Netzwerk zur Einladung vorschlagen kann, damit die Runde ausgeglichener wird. Ich habe das proaktiv angesprochen und es kam gut an. Obendrein müssen wir auch vor toxischer Weiblichkeit auf der Hut sein. Manchmal habe ich Sorge, dass wir männliche Strukturen und Verhaltensweisen reproduzieren, da erwarte ich schon mehr von uns Frauen.
Über Dörte Kaschdailis: Dörte ist langjährige Executive Advisor und Gründerin von opexxia. Sie ist Expertin für strategisch-operative Geschäftsentwicklung und komplexes Umsetzungsmanagement im vernetzten Handel. Darüber hinaus ist sie als Mentorin und Investorin aktiv. Sie spricht zu Themen rund um Digitalisierung, Automatisierung und Transformation im (digitalen) Handel. Bei K5 ist sie Co-Host des Podcasts Commerce Cast und produziert Inhalte rund um IT & Operations. Privat gilt ihre Leidenschaft der Natur und dem Trailrunning in den Bergen. Sie lebt mit ihrer Familie in München.
“Microfeminism” trendet gerade auf TikTok. Der Begriff meint, dass schon kleine Gesten viel für mehr Gender-Gleichheit im Alltag ausrichten können. Den Wortbeitrag einer Kollegin im Meeting unterstützen, Frauen zu Veranstaltungen einladen, für abgesagte Jobs eine andere Frau vorschlagen – sowas eben. Hier und hier lest Ihr mehr dazu.
In der Folge “Scam-Prinzessinnen” des Podcasts Feminist Shelf Control (eh große Empfehlung!) nehmen die Journalistinnen Annika Brockschmidt, Rebekka Endler und Anja Rützel “Female-Empowerment-Festivals” auseinander. Unfassbar lustige Folge!
Warum glauben Millennials, sie hätten “Female Empowerment” erfunden (und mit bunten Events für sich gepachtet)? Diese Klarstellung von Susanne Ackstaller finde ich immer noch aktuell.
Hab ich hier schon mal empfohlen, für mich immer noch eines der besten Bücher zum Thema “Geschäftemacherei mit GRL PWR”: Marisa Meltzers Deepdive* in die Girlboss-Kultur hinter der Millennial-Brand “Glossier”.
Smalltalk-Repertoire
“I’m a former people pleaser from New Jersey”: Anna Hathaway spricht in der “New York Times” über ihren neuen Film “The Idea of You” (Review im Binge-Alarm!), über Coachella, ihre Karriere – und darüber, wie lange es gedauert hat, bis sie es nicht mehr dauernd allen recht machen wollte. Lesenswertes Interview (auch als Podcast verfügbar), hat mich an die Newsletter-Ausgabe “Nein sagen für People Pleaser” erinnert.
In welcher deutschen Stadt leben die meisten Influencer? Ich hätte natürlich sofort auf Berlin getippt. Es ist aber: Essen! Dort haben 30 von 1000 Einwohner:innen mindestens 1000 Follower auf Instagram, gefolgt von Kiel (27/1000) und Frankfurt am Main (23/1000). Die ganze Auswertung findet Ihr hier.
Ein Kaffee am Morgen zerstört NICHT deine ganze Gesundheit: Ich liebe Kaffee, daher hat mich dieser Artikel, in dem die gängigsten Mythen über Kaffeekonsum anhand der aktuellen Studienlage beleuchtet werden, sehr beruhigt.
Plötzlich Prinzessin: Wie ich als Feministin dem Hochzeitswahn verfiel, habe ich für den “Stern” aufgeschrieben. Hinter der Paywall für alle, die genau nachlesen wollen, welches Eskalationslevel mein Rüschenrausch erreicht hat!

Anzeige
Na, schon mit großer Geste Sommerurlaub gebucht – und jetzt heißt es plötzlich Sparen bis dahin? Tipp: Mit den Klarna Pools kann man easy Budgets für besondere Ausgaben ansparen – zum Beispiel für den nächsten Kurztrip 🙂
So funktioniert’s: In der Klarna Banking-App erstellt Ihr ein kostenfreies Bankkonto und packt jeden Monat den Betrag, den Ihr auf die hohe Kante legen wollt, in den dafür vorgesehenen Pool. Darauf gibt es 3% Tagesgeldzinsen, die monatlich ausgezahlt werden (Zinsänderungen vorbehalten). Weitere Informationen hier.

Binge-Alarm: Was Ihr diese Woche lesen, sehen, hören könnt
🍿 Bei diesem Film hab ich mich in Ryan Gosling verliebt: Kleiner Scherz, das ist erst passiert, als ich ihn in Berlin interviewt habe... Normalerweise lassen mich Promi-Interviews ziemlich kalt, aber der Ryan-Blick “in echt” ist schon next level, kann ich Euch sagen.
Zurück zum Film: Ich habe mich mit der Action-Komödie “The Fall Guy” bestens amüsiert, Emily Blunt spielt auch mit – und der Film sendet bei aller Leichtigkeit noch eine Botschaft, die mir sehr gut gefällt: KI ist krass, ersetzt aber nicht die menschliche Kreativität. Amen.
📺 Zwei Stunden Fanfiction: In “The Idea of You” lernt die 40-jährige Galeristin Solène (Anne Hathaway) einen 24-jährigen Boyband-Star kennen und lieben. Der Amazon-Film nach dem Roman von Robinne Lee wird aktuell ziemlich gehyped, auch, weil Sänger Harry Styles Vorbild für die Rolle des “Hayes Campbell” sein soll.
Ich wurde von Euch um eine Review gebeten, daher hier mein Verdikt: weniger trashig als gedacht, was auch an den Hauptdarstellern liegt, die ihre Rollen angenehm ernst nehmen; aber etwas langatmig geraten, zum Schluss gehen die Ideen aus. Außerdem finde ich die Message schwierig, dass alleinerziehende Mütter aus Rücksichtnahme auf fast erwachsene Teenie-Kids auf ungewöhnliche Liebesbeziehungen verzichten sollen. Oder wie seht Ihr das?
📚 Neuer Stoff für “Bridgerton”-Suchties: Mitte Mai kommt die neue Staffel der Romance-Serie raus, bis dahin könnt Ihr Euch mit der Bevelstoke-Serie von Julia Quinn behelfen. Auch darin geht’s um große Gefühle in Empire-Kleidern. Hier als Hörbuch zum Runterkommen vorm Einschlafen.
Service-Hinweis: als Sunday Delight-Leser:innen könnt Ihr die Onlinebibliothek Skoobe aktuell noch immer für 60 Tage kostenlos testen! Einfach hier klicken.
🎧 In eigener Sache: Diese Woche war ich im Podcast “Be Your Brand” von PR- und Personal-Branding-Expertin Verena Bender zu Gast. Ich sehe ja die Aufforderung “jeder muss eine Marke werden” sehr kritisch – umso mehr habe ich mich gefreut, dass Verena mich eingeladen hat und wir fast eine Stunde lang über Social-Media-Schein und Sein diskutiert haben. Außerdem berichte ich ausführlich, wie es gerade mit Sunday Delight läuft 🙂 Die Folge könnt Ihr hier hören.

Liebe Leser:innen,
SUNDAY DELIGHT legt eine kleine Urlaubspause ein. Ich bin am 26. Mai zurück mit neuen Themen. In der Zwischenzeit könnt Ihr Euch durchs Archiv klicken oder mir Themenwünsche für den Sommer an [email protected] schicken.
Habt eine gute Zeit!
Eure Julia
Ich hoffe, Dir hat diese Ausgabe von Sunday Delight Spaß gemacht! Wenn Dir der Newsletter gefällt, kannst Du meine Arbeit so unterstützen:
Du bist neu hier? Hier kannst Du Sunday Delight abonnieren.
Du bist bereits Fan? Wenn Du Lust hast, kannst Du Teil der VIP Community werden. Im Jahresabo enthalten: exklusiver VIP Content und ein persönlicher Willkommens-Brief!
Empfiehl diese Newsletter-Folge gern allen, die sich auch dafür interessieren könnten, am besten einfach diese Mail weiterleiten.
💌 Du willst mit Sunday Delight und mir zusammenarbeiten? Hier kannst Du einen ersten Blick auf mein Mediakit werfen. Oder Du schreibst mir einfach eine Mail und wir unterhalten uns über Kooperationsmöglichkeiten!
*Alle mit einem Sternchen gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Das heißt: Wenn Ihr über einen dieser Links ein vor mir empfohlenes Produkt kauft, bekomme ich eine kleine Provision.
Reply