Herzlich willkommen bei Sunday Delight!
Ich bin Julia Hackober, Kultur-und Stilkritikerin aus Berlin, und in diesem Newsletter kommentiere ich jeden Sonntag aktuelle Hypes und Aufreger aus Popkultur, Gesellschaft und Lifestyle. In dieser Ausgabe geht’s um folgende Themen:
Verlieren ist normal: Was ich diese Woche von Ex-Tennisprofi Andrea Petković über das (Berufs-)Leben gelernt habe
Smalltalk-Repertoire: Eine Feelgood-Serie (Ted-Lasso-Ersatz!), ein trauriges und trotzdem lebensbejahendes Buch und eine spannende Doku über Frauen in Litauens Tech-Branche
Viel Spaß beim Lesen!
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“Die besten Spielerinnen bringen ihre Persönlichkeit auf den Platz”

Andrea Petkovic beim Impulstalk der Netzwerkveranstaltung The Circle Tennis Edition.
Foto: Alicia Minkwitz
Das Schönste an meinem Beruf ist, dass mein Job mich immer wieder in Situationen bringt, die man sich wirklich nicht ausdenken kann.
Diese Woche habe ich zum Beispiel mit Andrea Petković Tennis gespielt – der ehemaligen Nummer neun der Weltrangliste. Wäre ich Sportkommentatorin, würde ich unseren Ballwechsel so kommentieren: Ich war “voll fokussiert” und konnte zum Glück “meine Leistung abrufen”. Andrea kommentierte meine Schläge jedenfalls mit “stark”, “super” und “du bringst ja alles zurück!” – ihr könnt Euch vorstellen, dass ich jetzt fest davon überzeugt bin, dass an mir eine Wimbledon-Siegerin verloren gegangen ist, zwinker, zwinker.
Die Begegnung mit Andrea Petković hat mich aber auch über ein bisschen Show-Lob hinaus ziemlich beeindruckt. Der Ausflug auf den Tennisplatz war Teil eines zweitägigen Events in Berlin, zu dem das Frauennetzwerk The Circle geladen hatte, eine Initiative von Kasia Mol-Wolf, Gabriele Riedl und Inga Scheufen.
Beim WTA500-Rasenturnier im Grunewald wurde über den Zusammenhang zwischen Spitzensport und Performance im Berufsleben philosophiert, anschließend Tennis geguckt, ganz viel gequatscht und gelacht. Meine Highlights: Das hochspannende Match zwischen Jessica Pegula und Ljudmila Samsonova – und der Impulstalk von Andrea Petković, in dem sie sehr reflektiert, aber auch witzig und charmant über ihr Leben nach dem Profisport sprach.

Samsonova vs. Pegula. Was ich beim Tennis so spannend finde: Man kann die Psyche der Spielerinnen sehr gut beobachten. Wer glaubt an sich, bei wem bröckelt irgendwann die Fassade? Foto: Alicia Minkwitz
Ich verfolge ihre Karriere schon lange, erst als Tennisprofi, inzwischen als TV-Kommentatorin, Moderatorin, Podcasterin und Schriftstellerin. Ach ja, einen richtig coolen Tennis-Newsletter schreibt Andrea auch noch, Finite Jest findet Ihr hier.
Ich finde, es gelingt nicht vielen Tennisprofis, sich nach dem Abschied vom Centre Court und von einem extrem durchgetakteten Leben eine so abwechslungsreiche und doch stimmige zweite Karriere aufzubauen (Boris Becker kann ein Lied davon singen…)
Umso spannender war es für mich, von Andrea persönlich zu erfahren, dass sie mit 34 Jahren Panik hatte, welches Leben sie als “Tennis-Rentnerin” erwarten würde, warum sie mit ihrer Karriere rundum zufrieden ist, auch wenn sie als Sportlerin nicht alle Ziele erreicht hat – und was aus ihrer Sicht das Geheimnis der erfolgreichsten Spielerinnen ausmacht (Spoiler: es sind NICHT die absolvierten Trainingsstunden.)
Meinen Notizblock habe ich bei dem Talk seitenweise vollgekritzelt, um nichts zu vergessen – ein paar von Andreas "Life Lessons” möchte ich nämlich unbedingt mit Euch teilen:
Talent vs. Arbeit: Das größte Talent bringt nichts, wenn man nicht die nötige Arbeit für den Erfolg investiert. Aber: Nicht nur im Tennis gibt es ein “talent gap”, das heißt, manchmal kann man sich noch so sehr anstrengen, es wird immer jemanden geben, dem manche Dinge leichter fallen. Das muss man akzeptieren und sich auf den eigenen Weg konzentrieren.
Ziele zu haben, ist wichtig. Ziele zu erreichen, macht aber nicht immer so glücklich, wie man sich das vorgestellt hat. Andrea Petkovic fühlte sich nach eigener Aussage nach dem Erreichen der Top-Ten-Liste innerlich leer – dafür war der erste Tag nach dem Karriereende, vor dem sie sich ein bisschen gefürchtet hatte, der glücklichste Tag ihres Lebens. Ihre Schlussfolgerung: “Ziele im Außen zu erreichen, ändert nichts am Innen, wenn man sich um die innere Einstellung nicht kümmert.”
“Die besten Tennisspieler:innen bringen ihre Persönlichkeit auf den Platz”: Andrea veranschaulichte diese Theorie an den drei GOATs im Tennis: Roger Federer hatte ehrliche Freude am Spiel, Rafael Nadal Panik vorm Verlieren, Novak Djokovic treibt die Wut an, sich beweisen zu wollen. Das Prinzip lässt sich in gewissem Maß auch auf andere Lebensbereiche übertragen; hört sich ein wenig nach Küchenpsychologie an, es ist aber viel Wahres dran, wenn man länger darüber nachdenkt, was einen selbst im Leben antreibt und vor allem: durchhalten lässt.
Andrea machte bei sich selbst übrigens einen “disconnect” zwischen Tennis-und privater Persönlichkeit aus: “Als Tennisprofi war ich sehr rigide, dabei bin ich eigentlich ein fröhlicher, kreativer Mensch.” In ihrer zweiten Karriere könne sie diese Seite von sich viel besser ausleben und zeigen. Finde ich toll – life is short und ich bin immer dafür, so viele Seiten von sich auszuleben wie möglich.
Wie findet man Zufriedenheit, auch wenn man nicht alle Ziele erreicht? Auch Andrea Petković würde heute das ein oder andere Detail in ihrer Tenniskarriere ändern – einfach, weil man im Nachhinein immer schlauer ist. “Ich wusste aber, dass ich alles aus meiner Karriere rausgeholt hatte, was für mich möglich war”, sagt sie heute – und das habe ihr eine große innere Ruhe gegeben.
Verlieren ist normal. Nicht nur im Tennis geht viel öfter etwas schief, als dass Dinge gelingen 🙂

Happy Tennis-Girls! Andrea Petković (Mitte) mit Annina Geisler, Senior IT Product Owner (links) und ich nach dem Training. Foto: The Circle
Vielen herzlichen Dank für die Einladung zu The Circle Tennis Edition x Mercedes-Benz und die anregenden Impulse auch von den weiteren Speakerinnen Dr. Petra Bock (Executive Coach), Catherine Mehrtens & Sua Kinat (Verhandlungsexpertinnen, Egger Philips), Daniela Rebholz (Sportpsychologin, DARE) und Marie Mouroum (Stuntfrau, Schauspielerin). Wer sich für kommende Veranstaltungen des Business-Netzwerks interessiert: Connected Euch gern mit den Organisatorinnen Kasia Mol-Wolf, Gabriele Riedl und Inga Scheufen auf Linkedin!
Smalltalk-Repertoire

Foto: Owen Wilson und Peter Dager in "Stick” auf Apple TV+.
📺 Noch mehr sportlicher Spirit (und ein perfekter “Ted Lasso”-Ersatz): In der Feelgood-Serie “Stick” versucht sich ein verkrachter Ex-Golf-Star (Owen Wilson) als Coach – er will den talentierten Teenie Santi zum nächsten Tiger Woods machen. Herzige Serie über geplatzte und neue Lebensträume. Auch dann super zum Abschalten, wenn man mit Golf gar nix anfangen kann, versprochen!
📚 Hoffnung in dunklen Momenten: Meine Journalisten-Kollegin Julia Dettmer hat ein sehr berührendes Buch über die unheilbare Krankheit und den Tod ihrer kleinen Tochter Amalia geschrieben. “Das Licht an dunklen Tagen” ist alles andere als eine leichte Sommerlektüre – ich finde aber, Julia schreibt mit so viel Offenheit über den Schicksalsschlag, dass man bei der Lektüre trotzdem ganz viel Lebensfreude spürt. Große Empfehlung! Ein Porträt über Julia und ihre Geschichte findet Ihr hier.
💻 Die Frauen im “Silicon Valley” Litauens: Eine florierende Techbranche holt ambitionierte Frauen nach Vilnius zurück. Star der Szene: Vinted-Gründerin Milda Mitkute, die in dieser Arte-Doku ihr Leben mit vier Kids nach dem Start-up-Exit zeigt. Spannender Einblick in eine Gesellschaft zwischen großen Ambitionen und der Angst vor Russland.
💌 Ich hoffe, Dir hat diese Ausgabe von Sunday Delight Spaß gemacht! Falls ja: Dann leite diese Mail doch unkompliziert an alle Freunde weiter, die sich auch dafür interessieren könnten – sharing is caring 🙂
🌠 Wünsche, Feedback, Kooperationsanfragen? Schreib mir gern eine Mail an [email protected]!
Bis nächsten Sonntag!
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