Next Level Mansplaining

“You shouldn’t be doing that”: Ein Typ gibt einer Profi-Golferin ungefragt “Tipps” – warum das Video gerade viral geht + Smalltalk-Repertoire: Greta Gerwig gehört zu den “Women of the Year” 2024 + Ozempic-Wahnsinn bei der Mailänder Modewoche

Herzlich willkommen bei Sunday Delight! Ich bin Julia Hackober, Journalistin in Berlin, und in diesem Newsletter lassen wir die Woche gemeinsam ausklingen. Heute mit diesen Themen:

  • “You shouldn’t be doing that”: Ein Typ gibt einer Profi-Golferin ungefragt “Tipps” – warum ein Mansplaining-Video gerade viral geht

  • Smalltalk-Repertoire: Greta Gerwig gehört zu den “Women of the Year” 2024 + Ozempic-Wahnsinn bei der Mailänder Modewoche

  • Binge-Alarm: Was passiert nach dem Happy End? Ildikó von Kürthy erzählt die Geschichte ihrer allerersten Roman-Heldin von vor 25 Jahren weiter

    Viel Spaß beim Lesen!  

Brief von Julia

nicole byer mansplaining GIF by Party Over Here

Gif by party-over-here on Giphy

Georgia Ball ist Profi-Golferin und erklärt ihren 150.000 Instagram-Followern regelmäßig, wie sie einen besseren Schwung hinkriegen. Aber auch sie kann noch was dazulernen – dachte sich wohl ein Typ, der Ball auf der Driving Range, also der Golf-Übungsanlage, ungefragt Feedback zu ihrem Schwung gab. Zum Glück filmte sich die Golferin aus Übungszwecken gerade, als sie ein Mann von der Seite anspricht und ihr, mit der Begründung, dass er immerhin seit 20 Jahren Golf spiele, erklärt, was sie an ihrem Schlag verändern müsse: “What you’re doing, you shouldn’t be doing that”.

Das Video geht diese Woche in den sozialen Netzwerken viral und bewegt auch Menschen, die mit Golf so gar nichts am Hut haben. Schließlich zeigt der Clip in wunderschönster Ausführung klassisches Mansplaining: Ein Mann meint ohne Auftrag oder erkennbare Bewandtnis einer Frau erklären zu müssen, was sie alles falsch mache und wie sie ihr Verhalten unter seiner Ägide verbessern könne.

Höhepunkt des Videos: Die Profi-Golferin schlägt erneut ab, die Männerstimme kommentiert aus dem Off – “see how much better that was?” Georgia Balls schönen Schlag schreibt sich der anonyme Herr also auch noch als eigenen Erfolg zu.

Wenn Ihr eine Frau seid, dürfte das Video bei Euch höchstwahrscheinlich zu einer ähnlichen Gefühlsmischung aus Belustigung und Verärgerung beitragen, wie das bei mir der Fall war.

Ich golfe ja selbst – und ich kann Euch sagen, ich wurde noch in keinem Sport so oft und vor allem ungefragt ge-mansplained wie auf dem Golfplatz (bisheriges “Highlight” war ein fremder Typ, der mir an die Hüfte packen wollte, um mir zu verdeutlichen, dass ich “lockerer in der Drehung” werden müsse).

Aber natürlich geht es hier letztlich nicht um Golf. Sondern um eine männliche Eigenart, über die die amerikanische Autorin Rebecca Solnit 2014 ein fantastisches Buch mit dem Titel “Men Explain Things to Me”* schrieb. Sie schildert darin unter anderem, wie ein Partygast ihr gegenüber ihr eigenes Buch erklärt und sie nur unter größten Schwierigkeiten verständlich machen kann, dass sie die Sachverhalte aus dem Buch kennt – weil sie es selbst recherchiert und geschrieben hat.

Hört sich nach einer merkwürdig-heiteren Party-Anekdote an, ist aber letztlich genauso wenig lustig wie die Mansplaining-Attacke auf dem Golfplatz. Warum meinen Männer, ihrer Umwelt ständig alles erklären zu machen, selbst dann, wenn sie eigentlich keine Ahnung haben?!

Die Kommentare unter dem Golf-Video sind bei der Beantwortung dieser Frage genauso aufschlussreich wie das Video an sich. Die Erklär-Versuche für das Verhalten des Golf-Mansplainers reichen von “er meint’s ja nur gut” (ähm, wer’s “gut meint”, der lässt Menschen einfach mal in Ruhe, das gehört übrigens nicht nur auf dem Golfplatz zur Etikette) bis zu “das eigentliche Problem ist, dass Frauen nicht wissen, wie sie mit Männern in solchen Situationen reden müssen, du musst ihm alles besser erklären”. Joa, genau, das Kommunikationsproblem liegt in solchen Situationen bei den Frauen…

Am faszinierendsten finde ich am ganzen Intermezzo übrigens die Reaktion der Golferin, weil ich diese sehr gut nachvollziehen kann und schon hunderte Male in meinem sportlichen wie beruflichen Leben GENAU SO erlebt habe.

Man sieht ihr an, dass sie völlig konsterniert ist, nicht ganz glauben kann, was gerade passiert, und gleichzeitig versucht, höflich aus der Situation herauszukommen. Schließlich bedankt sie sich sogar noch für den Ratschlag, um das Gespräch endlich zu beenden. In einem Interview zu ihrem Video, das inzwischen fast 12 Millionen Menschen auf TikTok gesehen haben, sagte Georgia Ball: “Ich bin eine bescheidene Person, es ist einfach nicht meine Art zu sagen: Ich bin Profi, ich weiß schon, was ich tue.”

Na, zum Glück gibt es das Internet, das in diesem Fall diese Aufgabe übernimmt!

Welche ist Eure schlimmste Mansplaining-Erinnerung? Wenn Ihr Lust auf Austausch bei dem Thema habt, schreibt mir gern, dann teile ich die Erfahrungen – geteiltes Leid ist halbes Leid, Ihr wisst schon…

Smalltalk-Repertoire

“Du denkst ja nicht, ich muss das mögen, weil es von einer Frau für eine Frau gemacht wurde”: Greta Gerwig hat es aufs Cover der aktuellen “Women of the Year”-Ausgabe des “Time”-Magazins geschafft. Darin werden elf Frauen porträtiert, die die Zukunft prägen werden. Im zugehörigen Interview gibt Gerwig Einblicke in ihre Karriere und ihre Arbeitsweise, und ja, adressiert auch noch mal den Oscar-Aufruhr um die ausgebliebene Nominierung als beste Regisseurin. Ihr nächstes Projekt: eine Neuverfilmung der Kinderbuchreihe “Chroniken von Narnia”.

Alle auf Ozempic? Bei der Modewoche in Mailand sind die Gäste erstaunlich dünn, lassen sich Pasta und Tiramisu aber trotzdem schmecken. Die “Abnehm-Spritze” ist hier allgegenwärtig, schreibt Modeautor Marcus Luft im “Stern” –und wirft einen entlarvenden Blick auf die neue, alte Superdünn-Kultur der Mode, die immer noch nichts schlimmer findet als ein Speckröllchen.

Binge-Alarm: Was Ihr diese Woche lesen, sehen, hören könnt

📚Wie geht’s weiter nach dem Happy End? Vor 25 Jahren veröffentlichte Ildiko von Kürthy ihren ersten Roman – damals ging’s um das Liebeswirrwarr von Heldin Cora Hübsch. Jetzt erzählt sie in “Eine halbe Ewigkeit” die Geschichte weiter: Was wird aus der großen Liebe in Jahrzehnten des Alltags? Schöner Schmöker für die Feierabend-Entspannung. Ich finde ja, in der deutschen Literatur gibt’s eh viel zu wenige gute geschriebene “Frauenromane”, insofern: Daumen nach oben für die deutsche Liane Moriarty, die dieses Genre so liebevoll gestaltet. Hier bestellen*.

📺 “Es ist kein Beruf für Mütter”: Das Arte-Kulturmagazin begleitet drei Star-Dirigentinnen (darunter Alondra de la Parra), die einen Einblick in ihr berufliches Leben geben und von den Hürden berichten, die man als Frau in der Männerdomäne Klassik immer noch bewältigen muss. Sehenswert!

🖼️ Real-Life-Kulturtipp: Galeristin Anahita Sadighi zeigt in Berlin die Ausstellung “In 36.000 Ways” mit Werken des belgisch-tunesischen Künstlers Karim Ben Khelifa. Er befasst sich in Fotografien und Skulpturen mit Narrativen des Krieges, untersucht, wie Geschichte verändert und konstruiert wird, um Gewalt zu rationalisieren. Zu sehen bis zum 20. April, Schlüterstraße 16, 10625 Berlin. Weitere Infos hier.

PS Ihr habt Empfehlungen für den Binge-Alarm? Meldet Euch gern bei mir!

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