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Warum lesen Millionen von Menschen dieses Buch?
Der unglaubliche Hype um „Onyx Storm“ + ein Podcast zu Ehren von Bridget Jones und Mode ab 60
Herzlich willkommen bei Sunday Delight! Ich bin Julia Hackober, Kultur-und Stilkritikerin in Berlin, und in diesem Newsletter kommentiere ich die wichtigsten Wochen-News aus Popkultur und Gesellschaft (die Auswahl der Themen erfolgt natürlich komplett subjektiv!). Heute geht’s hier um folgende Themen:
Was hat es mit dem krassen Hype um “Onyx Storm” auf sich? SUNDAY DELIGHT-Gastautorin Franziska Deus erklärt, warum erwachsene Frauen der Buchreihe verfallen
Enjoy & Judge, der popkulturelle Wochenrückblick: ein Podcast zu Ehren von Bridget Jones, Mode ab 60 und die schrille Doku über StudiVZ
Viel Spaß beim Lesen!
Drachen, Dramen, Dreamboys
Warum lieben alle diese Romanreihe?
Ich weiß nicht, wie es passieren konnte, aber der Hype um die “Empyrean”-Romantasy-Reihe von Rebecca Yarros ist lange völlig an mir vorbeigegangen. Bis ich das Buch in immer mehr Insta-Stories von Freundinnen entdeckte, die Band 3 am Erscheinungstag in der Buchhandlung des Vertrauens persönlich abholten – ganz so wie früher bei “Harry Potter”. Meine Neugier war geweckt. Erst recht, als ich wenig später las, dass der “Onyx Storm” in den USA sämtliche Verkaufsrekorde bricht; allein in der ersten Woche wurden 2,7 Millionen Exemplare verkauft, und auch in Deutschland und in der Schweiz stieg der Roman direkt auf Platz 1 der Bestseller-Listen ein.
Aus rein journalistischem Interesse also begab ich mich in die Welt von Drachenreiterin Violet, die im Königreich Navarre ziemlich brutale Abenteuer bestehen muss und sich dabei in den, Achtung, Klischee-Alarm, geheimnisvollen, aber natürlich “unglaublich heißen” Xaden verliebt (so steht das wirklich in der deutschen Übersetzung!). Es geht um Freundschaft, Liebe, Loyalität, es gibt magische Kräfte, viele Geheimnisse, für zarte Gemüter ziemlich viele Tote – und dazwischen ein paar Sex-Szenen, in denen vor lauter Leidenschaft Blitze durchs Zimmer fliegen.
Let’s face it: Alles keine ganz neuen Zutaten für einen Fantasy-Schmöker, auch, wenn der Roman ein mini-bisschen feministischer und vor allem diverser daherkommt als Genre-Kollegen. Niemals hätte ich also gedacht, dass nur wenige hundert Seiten Lektüre aus einer “Was ist das denn für ein Quatsch”-Skeptikerin eine ziemlich faszinierte “Warum zur Hölle spoilert Die Zeit Band 2???”-Leserin machen können – ist aber auch mir passiert (ich hab Euch gewarnt!)
Wenn Ihr die Buchreihe noch nicht gelesen habt, fragt Ihr Euch jetzt vielleicht: Was macht den Reiz genau dieser Buchreihe aus, die schon bald als Serie verfilmt werden soll? Wie kann es sein, dass erwachsene Frauen nächtelang in Fantasy-Dramen abtauchen? Und was soll das eigentlich mit den sprechenden Drachen?!
Ich stecke zwar schon tief drin im Empyrean-Universum, finde aber, das Phänomen kann ein knallharter, echter Fan noch besser erklären. Franziska Deus, Content-Strategin und Unternehmerin, erklärt in ihrer Gast-Review, warum es manchmal einen Fantasy-Roman braucht, um die Liebe zum Lesen wieder zu entdecken:
“Fantasy-Romane hatte ich seit meiner Jugend nicht mehr angefasst. Wie bei vielen vermutlich auch, räumten Zauberer und Drachen irgendwann das Feld für sogenannte Erwachsenen-Literatur: Für glamouröse Frauenromane von Candace Bushnell, für Weltliteratur von Virginia Woolf oder die nicht enden wollende Anzahl an Büchern, ‘über die alle sprechen’.
Anfang 2024 hat sie mich dann eingeholt, die Literatur-Fatigue. Noch einen bodenständigen Benedict Wells Roman mehr und ich hätte das Lesen vermutlich für immer aufgegeben. Was ein Glück, dass mir auf Tiktok, pardon Booktok, eine brennende Review für die Empyrean-Reihe angezeigt wurde, mit dem alles entscheidenden Satz: Fourth Wing ist wie Harry Potter, nur heißer. Als Millennial war ich natürlich sofort hooked und wurde nicht enttäuscht.
Die Empyrean-Saga ist eine fesselnde Geschichte, die nicht nur aufregende Bilder im Kopf erzeugt, sondern trotz War College, Siegelkräften und Drachenreitern faszinierend nahbar erscheint. Das Rezept ist einfach: normale Probleme in einer fantastischen Welt. Liebeschaos, Freundschaften, der Umgang mit Herausforderungen und die Fähigkeit an ebendiesen zu wachsen.
Autorin Rebecca Yarros versteht es immer wieder den Spannungsbogen so aufzuziehen, dass sich das Buch kaum weglegen lässt. Ein Gefühl, das mich an die Zeit meiner Jugend erinnert, als ich frei von Verpflichtungen stundenlang ungestört in eine andere Welt abtauchen konnte.
Das ist vermutlich auch das größte Probleme an der Reihe: Am Ende jedes Buches feuert Yarros ihren Spannungspfeil zielgerichtet ab und trifft so tief, dass man zum Überleben nicht anders kann, als sofort die Fortsetzung zu lesen. Da bleibt der Haushalt auch mal für ein paar Tage liegen.”
Danke, liebe Franzi, für Deine Einschätzung!
Mindestens so faszinierend wie den Roman an sich finde ich persönlich überhaupt die weiblich geprägte, offensive Fankultur, die um die Buchreihe entstanden ist. Von wegen “guilty pleasure” – dank #booktok ist eine ganz neue Offenheit um die Tatsache entstanden, dass die wenigsten Menschen ausschließlich Hochkultur ins Bücherregal einsortieren (dazu möchte ich diese Podcast-Folge empfehlen, in der “Internet Girl” Valentina Vapaux die Gen-Z-Liebe zu Eskapismus-Literatur erklärt).
Ich finde die Haltung, sich nicht für Lesevorlieben zu rechtfertigen, jedenfalls sehr lässig – gerade als jemand, der eigentlich kaum noch ein Buch lesen kann, ohne gedanklich mit zu rezensieren (Berufskrankheit).
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Schmökern! Ein vierter Band der Reihe ist übrigens schon in Planung…
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enjoy & judge:
Mein (komplett subjektives) Popkultur-Update
Noch zwei Wochen und Bridget Jones kehrt zurück ins Kino: Und dieser Podcast mit der britischen Journalistin Pandora Sykes hyped das geneigte Publikum schon mal ordentlich für Teil vier der Filmreihe – “Mad about the boy” (Trailer hier). In Folge eins spricht Autorin Helen Fielding über ihre berühmteste Protagonistin, die nun schon seit knapp drei Jahrzehnten sämtliche Zeitgeisttrends übersteht (könnt Ihr Euch noch vorstellen, dass Renée Zellweger ernsthaft als “dicke Frau” in die Kinogeschichte einging?!)
Modetrends nur für die Generation TikTok? Nee: Die Boomer-Generation wird für die Modeindustrie immer wichtiger, wie dieser Artikel beleuchtet. Weil die Generation Ü60 viel modisch-sportlicher unterwegs ist als früher – und weil die Kaufkraft in dieser Generation absolut relevant ist für die Branche.
Zurück in Gruschel-Zeiten: Diese etwas bemüht auf jugendlich getrimmte Doku zeichnet die Geschichte von StudiVZ nach – vom gehypten Social-Network zum unternehmerischen Total-Absturz. Bei mir mischten sich beim Anschauen nostalgische Gefühle mit echtem Grusel vor der Arglosigkeit, mit der man damals in Social-Media-Zeitalter gestartet ist. Creepy!

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Danke für Dein Vertrauen! Deine Julia
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